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Weihnachtsbräuche auf Zypern: Die Geschenke gibt es erst in der Silvesternacht
Auf der Insel im östlichen Mittelmeer wird auf ein ganz andere Art gefeiert. Weihnachten zieht es die Menschen in die Tavernen, die Geschenke landen nicht unter dem Weihnachtsbaum, sondern unter dem Bett. Und an Silvester wird heftig gezockt.
Bei Temperaturen von 24 Grad Celsius und Sonnenschein kommt auf Zypern eigentlich keine weihnachtliche Stimmung auf. Doch die Menschen auf der drittgrößten Mittelmeerinsel tun ihr Bestes, um dem großen Fest gerecht zu werden. Die überwiegend christlich-orthodoxen Zyperngriechen haben zahlreiche Weihnachtsbräuche aus der britischen Kolonialzeit übernommen, die bis 1960 reichte. Vieles jedoch passt nicht ins Bild des warmen und sonnigen Ostmittelmeerraums. "Weihnachten ist auf Zypern eben anders", sagen Touristen, die über die Festtage auf die sonnige Insel gereist sind.
"Die Weihnachtsbeleuchtung im Zentrum der Inselhauptstadt Nikosia wirkt fehl am Platz", meint ein Besucher aus Schweden. "Mir kommt es komisch vor, Anfang Dezember in weihnachtlich geschmückter Umgebung zu schwitzen", sagte er. Glühwein kann man wegen der Wärme nicht trinken. Und das Weihnachtslied "I'm dreaming of a white Christmas", das überall aus Lautsprechern in der Fußgängerzone der Ledras Straße von Nikosia ertönt, passt nicht zu den überwiegend britischen Touristen, die in kurzem Hemd und Hose und mit einem leichten Sonnenbrand ihren vorweihnachtlichen Spaziergang machen.
Anders als die große Mehrheit der orthodoxen Christen feiern die Zyprer Weihnachten zeitgleich mit Katholiken und Protestanten. 1923 hatten die griechisch-, die zyprisch-, die bulgarisch-, die rumänisch- und die syrisch-orthodoxen Kirchen den gregorianischen Kalender eingeführt, der auch unserer Zeitrechung entspricht. Alle anderen Orthodoxen wie die Russen feiern nach dem julianischen Kalender erst am 7. Januar Weihnachten.
Agios Vassilios als Weihnachtsmann
Trotz der Anpassung an den neuen Kalender bleibt auf Zypern vieles anders. So ist der Nikolaus hier mit dem Weihnachtsmann verschmolzen und heißt Agios Vassilios (Santa Basil). Die orthodoxe Kirche hat einen eigenen kinderfreundlichen Heiligen ihrer Tradition entliehen und ihn zum Weihnachtsmann ernannt. Santa Basil hatte in der frühchristlichen Zeit in der Gegend der heutigen türkischen Stadt Kayseri Waisenhäuser eröffnet und armen Menschen geholfen. Heute ist der "Weihnachts-Basil" für die Bescherung der Kinder zuständig.
Die Geschenke bringt er aber erst in der Silvesternacht. Dabei gilt für ihn das gleiche wie für seinen Kollegen Nikolaus: Er klettert der Sage nach durch den Schornstein ins Haus. Allerdings legt er die Geschenke unter das Kinderbett und nicht unter den Weihnachtsbaum. Den gibt es in der orthodoxen Tradition nämlich nicht. Bei den orthodoxen Familien findet die Bescherung am Neujahrstag statt, dem Vassiliosfest.
Besinnlich geht es zu Weihnachten auf Zypern nicht zu. Tausende verbringen Heiligabend in Bars, Tavernen oder Nachtclubs. Und die Feiertage enden mit einem speziellen Brauch, der im griechischsprachigen Raum vorherrscht: In der Silvesternacht werden nahezu überall Glücksspiele gespielt. Millionen werden dabei verzockt. Viele griechische Zyprer reisen in den türkischen Norden, weil es nur dort Kasinos gibt, die im griechischen Süden noch verboten sind. Und zu Hause spielen auch die Kinder mit. Ziel der Spiele ist es herauszufinden, wer im neuen Jahr Glück haben wird.
tib/DPA
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